Friday, November 26, 2004

Liebestheorie (III)

Es gibt ja gerade neu ein wunderbares Buch, das einzig darin besteht, Listen aufzulisten, deren Qualität wie Besonderheit wie Witz darin besteht, vollkommen unnützes Wissen zu präsentieren wie eine Übersicht über originelle Todesarten burmesischer Könige oder die Namen der Ehemänner Liz Taylors oder eine recht genaue Beschreibung der Nationalflagge von Kiribati oder eine Auflistung aller Informationen, die die Waschzettel in Kleidungsstücken geben. (Schotts Sammelsurium, Berlin Verlag).
Dabei ist mir spontan eine Liste eingefallen, die, sollte ich einmal auf die Idee kommen, ein solches Werk zu verfassen (und eine Art Listenbuch hab ich ja vor einiger Zeit auch schon mal co-geschrieben), nicht fehlen dürfte, und zwar:
Die Liste der Missbilligungen durch meine letzte Affäre in den ersten drei Wochen unserer (vier Wochen dauernden) Bekanntschaft. So hatte sie in dieser Zeit Folgendes an mir auszusetzen (nicht chronologisch geordnet):

meine Küche (schrecklich eingerichtet, unzureichend ausgestattet)
mein Bad (keine Regale, zu viele verschiedene Duschcremes)
mein Schlafzimmer (zu viele Bücher, Teppichboden, schlechte Beleuchtung)
meine Jeans (zu alt)
meine braune Anzughose (billig, unmodern geschnitten)
meine Schuhe (genauen Grund der Missbilligung vergessen, gab aber einen)
meine Haut
meine Frisur
mein Bauch
meine Zähne
meine Musik (die ich mache, nicht die ich höre)
meine Kurzgeschichten (zu unpersönlich, kalt, unbeteiligt, schlecht)
meine Art zu reden (zu langsam, zu lange Sätze, zu emotionslos)

Habe sicher einige vergessen, die zu intim, zu absurd oder zu vergessenwert sind, doch die wichtigsten dürften dabei sein. Interessant hierbei ist zweierlei: 1. Warum hab ich das mitgemacht? 2. Warum hat sie das mitgemacht? Oder anders ausgedrückt: Wäre es nicht einfacher für sie gewesen zu sagen: Du bist das Allerletzte, gehab dich wohl. Und wäre es nicht vernünftiger für mich gewesen, zu sagen: Ja, mag alles stimmen, aber Anderen macht das meiste davon nichts aus?
Was also lernen wir daraus? Lernen natürlich gar nichts, weil wir prinzipiell nichts lernen wollen, sonst würden wir alle ins Kloster gehen und in Ruhe etwas Vernüftiges studieren.
Nun gut, aber sagt es denn trotzdem nicht irgendetwas über das heutige Verhältnis von Frauen und Männern zueinander aus? Wieder zwei Antworten:
1. Liebe macht tatsächlich nicht nur blinder als blind, sondern dümmer als dumm.
2. Bei manchen Frauen Ende 30 tickt die biologische Uhr so laut, dass sie die sicherlich irgendwo in ihrem Kleinhirn zu findenden Bedenken, dass man so weder mit anderen Leuten, noch mit seiner Selbstachtung umgehen sollte, einfach nicht zu hören sind.

Thursday, November 18, 2004

Deutschland-Kamerun

Manche Klischees scheinen niemals auszusterben: Klinsmann sagte gerade über die Mannschaft von Kamerun, dass "die Einzelspieler recht gut bestückt" wären. Ja, so etwas hatten wir immer vermutet. Aber woher weiß Klinsmann das?

Monday, November 15, 2004

Liebestheorie (II)

Beliebte Beschäftigung, wenn man sich nichts zu sagen hat: Hitlisten der Lieblingsfilme vergleichen. Dachte ich immer, doch macht es auch Spaß, wenn man sich ansonsten sehr viel zu sagen hat. Außerdem hilft es dem Kennenlernprozess auf die Sprünge (vorausgesetzt, es sind nicht ausschließlich Filme dabei, die der Andere nicht kennt).
Als Gedankenstütze mal meine eigene Top 10:

Barton Fink
The Party
Fenster zum Hof
Charade
American Beauty
Sein oder Nichtsein
Das Appartement
Citizen Kane
Frau zu verschenken
Règle du jeu

Anmerkungen: Reihenfolge wechselt. Außerdem können schon morgen Filme dabei sein, die ich heute noch nicht kenne.
Zuletzt gesehen: American Splendor. Zwar kein Kandidat für die TOP 10, aber ein sehr guter Film, der zwar vor allem formal sehr originell und interessant ist, die Geschichte aber dadurch nicht in den Hintergrund schiebt. Wunderbare Personenzeichnung.

Sunday, November 14, 2004


Heitor Villa-Lobos † 17.11.1959,unglaublich cool auf diesem Bild Posted by Hello

Tuesday, November 09, 2004

Sunday, November 07, 2004

Angenehme Erschöpfung

Kulturwochenende. Freitag Abend bei 2Raumwohnung. Beängstigend jugendliche Sängerin und das noch nicht einmal aufgesetzt oder unnatürlich. Größtenteils schöne Musik bis auf die paar Stücke, bei denen man Angst haben musste, dass ein paar Gäste aus der The Dome-Generation gleich ihre Feuerzeuge schwenken würden. Samstag Lange Museumsnacht, endlich im Stadtmuseum gewesen. Auf einem Plan von 1896 gesehen, dass ich eigentlich auf dem Land wohne, Schiffsmodelle, Münzen und jede Menge Menschen. Schnütgen-Museum, gekreuzigte Jesusse en masse, Altäre, Anna, Maria, Christophorus und jede Menge Menschen. Museum für angewandte Kunst, sehr sehr volle Riphahn-Ausstellung, nach der man sich fragt, ob es ein einziges Haus in Köln gibt, das der nicht entworfen hat; fühlte Bestätigung in meiner Ansicht, dass auch in den 50ern wunderbare Häuser gebaut wurden. Im Ludwig-Museum viele Hoppers gesehen, nur leider zu wenige Landschaftsbilder. Überlegt, ob mir ein anderer Künstler einfällt, der so mit Licht und Schatten umzugehen verstand. Inzwischen war es halb drei und trotzdem: jede Menge Menschen.

Thursday, November 04, 2004


Pannen-Olli Posted by Hello

Black wednesday

Ein Zeichen, wie tief der Schock sitzt: Nicht einmal über Del Piero konnte ich mich heute richtig freuen.

Wednesday, November 03, 2004

Eindeutigkeit

Erfuhr gerade aus der ARD-Börsensendung, dass es gut wäre für den DAX, wenn Bush jetzt endlich offiziell zum Sieger erklärt würde.
Solch ein Satz fordert geradezu einen Moment des Innehaltens und Nachdenkens darüber, was sich so einfach dahin zu sagen scheint.
Zum einen: Wer ist denn eigentlich dieser Herr Dax? Bin ich dem schon einmal begegnet? Vielleicht auf irgendeiner Party und kann mich nur nicht mehr erinnern, weil ich zu betrunken war? Ach, was sagen Sie, der Dax ist gar keine Person, sondern lediglich eine Abkürzung? Aber halt, seit wann können bei uns Abkürzungen ihre Meinung über den künftigen amerikanischen Präsidenten äußern? Aha, Sie meinen, es handele sich ja schließlich nicht um eine gewöhnliche Abkürzung, sondern bezeichne den "Deutschen Aktienindex" und der kann schließlich sehr wohl ein gesteigertes Interesse am Ausgang der Präsidentschaftswahl haben, denn schließlich geht es dabei ja um das Schicksal der stärksten Volkswirtschaft der Welt. Hm, so ist das also. Aber sagen denn nicht alle, die etwas davon verstehen, dass Mr. Bush ökonomisch so ziemlich alles falsch macht, was you possibly falschmachen can? Oops, sorry, das kommt vom elfstündigen Non-stop-CNN-Schauen. So so, es gibt auch die Stimmen, die meinen, dass es wieder mehr Investitionen geben wird, wenn der nächste Tax-cut durch den jetzt noch republikanischeren Senat durch ist, hab ich Sie da richtig verstanden? Nun gut, leuchtet mir zwar nicht ein, aber ich kenn mich da ja nun wirklich nicht aus, nur eines interessiert mich dann doch: Wie bitte soll ich, wenn ich jemals in die Verlegenheit geraten sollte, mit einem islamischen Fundamentalisten diskutieren zu müssen, erklären, warum die USA, unser großer Bruder, geistiger Inspirator der aufgeklärten Welt, fürsorglicher Beschützer auch des alten Europa, wie diese USA also zum zweiten Mal in Folge, einen geistesgestörten Massenmörder zum Präsidenten wählen. Wie, um alles in der Welt.

Tuesday, November 02, 2004

Steely Dan

Steely Dan - Die Legende, die niemanden interessiert

Die beste Musikgruppe der Welt, aller und für alle Zeiten, darüber besteht kein Zweifel, ist Steely Dan. Die Heldenverehrung, die sich um die beiden einzigen Mitglieder Donald Fagen und Walter Becker rankt, entspringt vielen Quellen. Zum einen gehörte sicherlich immer ein - zugegebenerweise etwas lächerlich anmutendes - Elitedenken dazu, eine Gruppe zu lieben, die nur wenige Freunde kannten, geschweige denn ebenso heftig verehrten, wie man selbst. Mag sich in ihrer Musik noch etwas von dem gespiegelt haben, was jeder im Grunde mochte, aber nie hörte (Jazz, Disco, Klassik, Brasilien und der Rest der Welt, allerlei andere Absonderlichkeiten), konnte man bei den Texten ( doch sollte man hier tatsächlich von den lyrics sprechen) sicher sein, daß niemand anderer etwas von dem verstand, was ausgesagt wurde. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, ob man dies selbst tat; es ging um das Gefühl, zu den Erwählten zu gehören, die sich von ihnen in irgendeiner Form angesprochen fühlten. Auf unerklärliche Art und Weise glaubte man immer, als einer der wenigen den vollkommen hermetischen Kosmos der Musik zu durchdringen, man konnte sich eins fühlen mit dem Zauber des Absurden, und wußte zugleich, daß es keine perfekter produziertere und trotzdem unsterile Musik geben könnte (in einem Online - Interview vom März dieses Jahres weigerten sich Fagen und Becker beständig, irgendwelche Erklärungshilfe zu bieten: „You may be very eager and 15 and a huge fan, but you’ve gotta come up with some more exciting questions. Read it and weep.“)
Von der ersten Platte Can’t buy a thrill (1972), die bereits alles im Keim enthielt, was in den folgenden Jahren und Alben vorgeführt werden sollte, bis zur letzten, Gaucho (1980) gelang es Fagen und Becker, eine eigene Welt zu erschaffen. Es war eine besondere, eine seltsame und spannende Welt, eine Welt, in der sich niemand wirklich heimisch fühlen konnte, die aber, das fühlte man, eines jeden Heimat war. Bei der Erschaffung dieser Welt bedienten sich die beiden ungewöhnlichen Mitteln; so wirkte ihre Ironie, ihr Sarkasmus, selbst ihr Zynismus niemals destruktiv, und die Lust an der musikalischen Parodie verriet nicht die Vorbilder, sondern belebte sie wieder. Zitate gab es zuhauf, aber niemals um des bloßen Zitierens willen, sondern zur Erschaffung eines eigenständigen neuen Ganzen, eines Gedankengebäudes, das der Vielgesichtigkeit der Welt Rechnung trägt („Do you guys ever give straight answers?“ - Donald Fagen: „No one will ever make anything straight out of the crooked timber of mankind.“ - Walter Becker: „They certainly won’t.“)
Der zuweilen vorgebrachte Einwand gegen die Musik Steely Dans lautet, daß die Intellektualität der Gruppe jede Emotion oder Intensität abtöte, doch basiert dieser Vorwurf auf der sehr zweifelhaften Annahme, daß Verstand und gute Musik sich ausschließe, und außerdem hieße dies im Umkehrschluß, daß eine jede Gruppe, die „ehrliche“ Rockmusik spielt, mit solchen Dingen wie etwa Arrangement und ähnlichem nichts im Sinn hätte.
Gleichzeitig zeigt das Beispiel Steely Dan, welche Opfer sich ein Anhänger einer bestimmten Band freiwillig auf sich zu nehmen bereit sein kann. Nicht nur die beharrliche Ignoranz und das offenkundige Desinteresse aller anderen Menschen (das ja noch hinnehmbar wäre, und auch dem eigenen Geschmack unter Umständen ein besonderes Prädikat verleihen könnte), nein, veritable Schmerzen gilt es zu erdulden. So kann es keinen Fan kalt lassen, wenn die als Meilensteine der modernen Musik geschätzten sieben Alben der Lieblingsgruppe für einen Preis verramscht werden, der jedem Maßstab spottet, wenn gleichzeitig der letzte Schund für das Doppelte verkauft wird. Auch die zahlreichen Best-of-Alben (deren Zahl im übrigen die der tatsächlichen übersteigt) können über diesen Schmerz nicht hinweghelfen (auch der Umstand, daß in den letzten Jahren wenige Gruppen so häufig gesamplet wurden, wie The Dan, vermag dies nicht). Weiß man doch, daß sie keinem plötzlich erwachten Interesse an dieser Musik entspringen (und spätestens jetzt zeigt sich der seltsame Widerspruch, in dem wohl ein jeder Steely Dan - Fan gefangen ist: zum einen liebt er die Gruppe, weil er sich fast allein mit dieser Vorliebe weiß, zum anderen aber leidet er an dem Desinteresse seiner Umwelt an seinen favourites)
Im Juli dieses Jahres aber wendete sich das Blatt. Hatte sich schon mit der Mitarbeit Walter Beckers an Donalds Fagens letztem Soloalbum Kamakiriad eine eventuelle Wiedergeburt der Gruppe antizipiert, so bestätigten die Meldungen von Konzerten in den USA diese Hoffnung, die man eigentlich schon ad acta gelegt hatte. Plötzlich fühlte man so etwas wie eine überirdische Genugtuung darüber, daß nicht nur Status Quo nach 30 Jahren noch lebten, sondern daß das Gute schlechthin schließlich doch siegen würde; es gibt einen Gott, er ist gütig und tut wohl (der Autor dieser Zeilen schämt sich nicht zu gestehen, daß, als er bei einem nächtlichen Spaziergang durch Köln des Plakats mit der Ankündigung des Auftritts für den 6. September in der Sporthalle angesichtig wurde, er spontan auf die Knie fiel, und sich bekreuzigte). Doch mag es wohl einen gütigen Gott gaben, so gibt es noch lange kein Publikum, das bereit wäre ihm zu folgen, und tatsächlich verschwanden nicht nur nach kurzer Zeit die wenigen Plakate, die für das Konzert in der Sporthalle warben, auch die Ankündigung der deutschen Tourdaten in der offiziellen Steely Dan - Homepage im Internet verschwand. Es bleibt nur zu spekulieren, warum es also nicht zu diesem Auftritt kam, und wenn ich ehrlich bin, möchte ich die Wahrheit auch gar nicht wissen.

Nachtrag: Das ist ein Artikel von 1996 (habe aus Respekt vor mir selbst die alte Rechtschreibung beibehalten). Inzwischen hat die Band eine ausverkaufte Europatournee absolviert, zwei neue CDs gemacht und für die vorletzte, 2 vs. Nature, zwei Grammys gewonnen, darunter den für die beste CD des Jahres. Die letzte, im vergangenen Jahr herausgekommen, Everything must go, wird unter anderem als bisher beste und überzeugendste Abrechnung mit dem New Economy-Hype der Jahrtausendwende gefeiert.

Monday, November 01, 2004


Steely Dan Posted by Hello