Wednesday, December 29, 2004

post-xmas

Hier in der Südstadt gibt es eine relativ neue schwulesbische Diskothek namens Tsunami. Versuche mir vorzustellen, wie sich die Besitzer jetzt gegenseitig vorwerfen, vor der Eröffnung nicht lange genug nach einem anderen Namen gesucht zu haben.

Sunday, December 19, 2004

Überlegung

... hinsichtlich der Schwierigkeit Deutsch zu lernen/lehren: Zu den vielen, allzu vielen kleinen Hürden, die der böse Demiurg, der einst unsere Mutterzunge erfunden haben muss (denn wie anders wären ihre Struktur, Grammatik, Wortbildung, Satzbau und Irregularitäten erklärlich, mag sich schon Mark Twain gedacht haben) gehört zweifellos die Verwendung des Präteritums in folgendem Kontext: "Wann genau war nochmal das Konzert nächste Woche?"
Bin für jeden Hinweis dankbar, wie dieser (eben nicht nur umgangssprachliche) Gebrauch der einfachen Vergangenheitsform einer Gruppe chinesischer Sprachschüler mit Grundstufenkenntnissen adäquat (d.h. hier in einfachen Worten und ohne unbekannte Vokabeln) vermittelt werden kann.
P.S.: Und als Zusatzaufgabe: Wie erklärt man ihnen, dass es gerade eine solche Schwierigkeit ist, die einen die eigene Sprache nur noch mehr lieben lässt?

Wednesday, December 15, 2004

Nick Hornby on Steely Dan, January 1994

The Steely Dan Media Archive

Beruhigung

Wir, europische Personen findend, die Bankleitungen
davon Senden/erhalten knen unsere Verkufe, von unseren
Kunden von Deutschland. STEUERN von internationalen
bertragungen in Russland nicht zu bezahlen.
Wir erhlt das Prozent des Angebots 10 % vom Betrag und
bezahlt alle Schulgelder, um Kapital zurck zu senden.
Betrag von 1000 Euro pro Tag.
Diese ganze Ttigkeit ist in Europa gesetzlich.

Fllen Sie diese Form: http://xxxxxxxxxxxxxxxxxx
(bevor die Fllung Yahoo installiert! Bote bitte oder
msn), Sie recieve volle Details sehr.

Thank you, FINANCIE LTD.

So lange man solche Mails bekommt, muss es einem als Übersetzer nicht um die Zukunft des Berufs bangen.

Tuesday, December 14, 2004

Benguela I

Wie versprochen, führe ich die Geschichte aus dem alten Tagebuch fort. Angola, 1973 oder 74.
"Diese Geschichte wird nur diejenigen bestärken, die einzig deshalb hierherkommen, um zu rauben und zu stehlen.
Es war am 5. April 1967. Ein Reisender nahm einen ihm unbekannten Anhalter mit. Der Reisende war ein gewisser Senhor Oliveira, Gesellschafter der Firma Oliveira & Irmão. Ungefähr 10 km, bevor sie Benguela erreichten, hielt er an, um einem dringenden Bedürfnis nachzukommen. Sein ebenfalls mitfahrender Diener tat es ihm nach, und so ließen sie den besagten Touristen allein im Wagen zurück. Der Mann nützte die Gelegenheit, setzte sich ans Lenkrad, fuhr mit quietschenden Reifen und großer Geschwindigkeit von dannen, und ließ den Mann, der ihm die Mitfahrgelegenheit geboten hatte, verzweifelt zurück. Alles hatte er im Wagen zurückgelassen, all seine Einkäufe und auch eine Geldbörse mit 32000 Escudos an Einnahmen von seinen Gütern. Nichts als ein paar Münzen waren ihm noch geblieben.
Doch schon nach kurzer Zeit kam ein Jeep vorbei, der den Beraubten und seinen Diener mitnahm. Als sie in Benguela ankamen, wies der Diener aufgeregt auf einen am Straßenrand stehenden Wagen hin. "Sehen Sie, Herr, das ist doch unser Auto!" Und tatsächlich, dort, direkt neben der Stierkampfarena stand es. Die Einkäufe und die Börse jedoch waren mit dem Abenteurer verschwunden.
Senhor Oliveira lief zur Polizei, um Anzeige zu erstatten. Als er mit einem Polizisten zurück zum Taxistand bei der Stierkampfarena kam, wurde ihm von einem Taxifahrer berichtet, dass ein Mann, der der Beschreibung des Diebes entsprach, soeben ein Taxi genommen hatte. Im gleichen Moment erreichte die Gruppe auch ein Motorradfahrer, der erzählte, dass er dem Taxi mit dem Spitzbuben darin auf der Straße nach Lobito begegnet war."
A seguir.

A day to remember Posted by Hello

Friday, December 10, 2004


Thymiansaft trinken! Posted by Hello

Thursday, December 09, 2004

Angola

Nach längerer Zeit heute mal wieder in einen meiner größten Schätze hineingeschaut: einen schwarzen, recht fleckigen Kalender, auf dem PRAXIS AGENDA 1970 steht. Ich fand ihn in einem Schuttcontainer in einer kleinen Straße in Lissabon. Er diente offenbar einem Portugiesen, der irgendwann Anfang der 70er Jahre des letzten Jahrhunderts in Angola lebte, als Tagebuch. Mit einem blauem Kugelschreiber schrieb er die mehr als 700 Seiten voll, in einer großen, gut lesbaren Schrift. Definitionen schwieriger Wörter wechseln sich darin ab mit Kochrezepten, Spekulationen über die Welt im 31. Jahrhundert, Tipps, wie man Mäuse loswird (mit offenen Marmeladengläsern, verteilt in der ganzen Wohnung) und längeren Abhandlungen zur wirtschaftlichen Lage Angolas in den letzten Jahren der portugiesischen Herrschaft. Dabei wechselt sich auch viel Unsinn mit Sätzen ab, über die man zumindest ein wenig nachdenken muss, bis man sie als Unsinn erkennt. Richtig spannend ist aber eine Geschichte, die noch recht am Anfang steht, "Die Speerspitze des Fortschritts" überschrieben ist, und die so beginnt: "Die Geschichte, die ich euch nun erzählen werde, ist eine Lektion in gangsterismo, detectivismo e radio-comunicação." Die letzten drei Wörter musste ich wohl nicht übersetzen, hätte aber sowieso nicht gewusst, wie. Wenn ich die nächsten Tage Zeit und Lust habe (und vielleicht auch wacher bin als jetzt), werd ich sie hier niederschreiben.

"Rebell am Ball", Frankfurt 1971 Posted by Hello

Wednesday, December 01, 2004


Das Reich der Liebe. Johann Gottlob Immanuel Breitkopf. Leipzig, 1777 Posted by Hello

Pilsener Märchenschloss Posted by Hello

ein schöner Zug, den es nicht mehr gibt. Posted by Hello

Züge

Ein Gedanke fand mich neulich wieder, den ich irgendwann an gleicher Stelle verloren hatte: Im Duisburger Hauptbahnhof, abends, bei Regen (das Dach ist undicht und überall tropft es auf den Bahnsteig), im Herbstdunkel, fiel mir ein, dass ich nicht dauerhaft in einer Stadt leben möchte, in der man auf dem Bahnsteig des Hauptbahnhofs regelmäßig gewarnt wird: "Achtung, eine Durchfahrt!" Was für ein deprimierendes Erlebnis, dort zu stehen und einen schnellen Zug passieren zu sehen, deren Fahrgäste sich noch nicht einmal die Mühe machen, nach draußen zu schauen.
Vielleicht lässt sich daraus ja gar eine weitere Definition der Metropole machen: Dort gibt es keine Zugdurchfahrten. Was allerdings auch kaum möglich ist, denn die meisten Metropolen haben Sackbahnhöfe. Und Städte ohne Durchfahrten, wie Hamburg oder Köln, sind deshalb noch lange keine Metropolen. Nein, da müssen wohl doch andere Kriterien herhalten.

Friday, November 26, 2004

Liebestheorie (III)

Es gibt ja gerade neu ein wunderbares Buch, das einzig darin besteht, Listen aufzulisten, deren Qualität wie Besonderheit wie Witz darin besteht, vollkommen unnützes Wissen zu präsentieren wie eine Übersicht über originelle Todesarten burmesischer Könige oder die Namen der Ehemänner Liz Taylors oder eine recht genaue Beschreibung der Nationalflagge von Kiribati oder eine Auflistung aller Informationen, die die Waschzettel in Kleidungsstücken geben. (Schotts Sammelsurium, Berlin Verlag).
Dabei ist mir spontan eine Liste eingefallen, die, sollte ich einmal auf die Idee kommen, ein solches Werk zu verfassen (und eine Art Listenbuch hab ich ja vor einiger Zeit auch schon mal co-geschrieben), nicht fehlen dürfte, und zwar:
Die Liste der Missbilligungen durch meine letzte Affäre in den ersten drei Wochen unserer (vier Wochen dauernden) Bekanntschaft. So hatte sie in dieser Zeit Folgendes an mir auszusetzen (nicht chronologisch geordnet):

meine Küche (schrecklich eingerichtet, unzureichend ausgestattet)
mein Bad (keine Regale, zu viele verschiedene Duschcremes)
mein Schlafzimmer (zu viele Bücher, Teppichboden, schlechte Beleuchtung)
meine Jeans (zu alt)
meine braune Anzughose (billig, unmodern geschnitten)
meine Schuhe (genauen Grund der Missbilligung vergessen, gab aber einen)
meine Haut
meine Frisur
mein Bauch
meine Zähne
meine Musik (die ich mache, nicht die ich höre)
meine Kurzgeschichten (zu unpersönlich, kalt, unbeteiligt, schlecht)
meine Art zu reden (zu langsam, zu lange Sätze, zu emotionslos)

Habe sicher einige vergessen, die zu intim, zu absurd oder zu vergessenwert sind, doch die wichtigsten dürften dabei sein. Interessant hierbei ist zweierlei: 1. Warum hab ich das mitgemacht? 2. Warum hat sie das mitgemacht? Oder anders ausgedrückt: Wäre es nicht einfacher für sie gewesen zu sagen: Du bist das Allerletzte, gehab dich wohl. Und wäre es nicht vernünftiger für mich gewesen, zu sagen: Ja, mag alles stimmen, aber Anderen macht das meiste davon nichts aus?
Was also lernen wir daraus? Lernen natürlich gar nichts, weil wir prinzipiell nichts lernen wollen, sonst würden wir alle ins Kloster gehen und in Ruhe etwas Vernüftiges studieren.
Nun gut, aber sagt es denn trotzdem nicht irgendetwas über das heutige Verhältnis von Frauen und Männern zueinander aus? Wieder zwei Antworten:
1. Liebe macht tatsächlich nicht nur blinder als blind, sondern dümmer als dumm.
2. Bei manchen Frauen Ende 30 tickt die biologische Uhr so laut, dass sie die sicherlich irgendwo in ihrem Kleinhirn zu findenden Bedenken, dass man so weder mit anderen Leuten, noch mit seiner Selbstachtung umgehen sollte, einfach nicht zu hören sind.

Thursday, November 18, 2004

Deutschland-Kamerun

Manche Klischees scheinen niemals auszusterben: Klinsmann sagte gerade über die Mannschaft von Kamerun, dass "die Einzelspieler recht gut bestückt" wären. Ja, so etwas hatten wir immer vermutet. Aber woher weiß Klinsmann das?

Monday, November 15, 2004

Liebestheorie (II)

Beliebte Beschäftigung, wenn man sich nichts zu sagen hat: Hitlisten der Lieblingsfilme vergleichen. Dachte ich immer, doch macht es auch Spaß, wenn man sich ansonsten sehr viel zu sagen hat. Außerdem hilft es dem Kennenlernprozess auf die Sprünge (vorausgesetzt, es sind nicht ausschließlich Filme dabei, die der Andere nicht kennt).
Als Gedankenstütze mal meine eigene Top 10:

Barton Fink
The Party
Fenster zum Hof
Charade
American Beauty
Sein oder Nichtsein
Das Appartement
Citizen Kane
Frau zu verschenken
Règle du jeu

Anmerkungen: Reihenfolge wechselt. Außerdem können schon morgen Filme dabei sein, die ich heute noch nicht kenne.
Zuletzt gesehen: American Splendor. Zwar kein Kandidat für die TOP 10, aber ein sehr guter Film, der zwar vor allem formal sehr originell und interessant ist, die Geschichte aber dadurch nicht in den Hintergrund schiebt. Wunderbare Personenzeichnung.

Sunday, November 14, 2004


Heitor Villa-Lobos † 17.11.1959,unglaublich cool auf diesem Bild Posted by Hello

Tuesday, November 09, 2004

Sunday, November 07, 2004

Angenehme Erschöpfung

Kulturwochenende. Freitag Abend bei 2Raumwohnung. Beängstigend jugendliche Sängerin und das noch nicht einmal aufgesetzt oder unnatürlich. Größtenteils schöne Musik bis auf die paar Stücke, bei denen man Angst haben musste, dass ein paar Gäste aus der The Dome-Generation gleich ihre Feuerzeuge schwenken würden. Samstag Lange Museumsnacht, endlich im Stadtmuseum gewesen. Auf einem Plan von 1896 gesehen, dass ich eigentlich auf dem Land wohne, Schiffsmodelle, Münzen und jede Menge Menschen. Schnütgen-Museum, gekreuzigte Jesusse en masse, Altäre, Anna, Maria, Christophorus und jede Menge Menschen. Museum für angewandte Kunst, sehr sehr volle Riphahn-Ausstellung, nach der man sich fragt, ob es ein einziges Haus in Köln gibt, das der nicht entworfen hat; fühlte Bestätigung in meiner Ansicht, dass auch in den 50ern wunderbare Häuser gebaut wurden. Im Ludwig-Museum viele Hoppers gesehen, nur leider zu wenige Landschaftsbilder. Überlegt, ob mir ein anderer Künstler einfällt, der so mit Licht und Schatten umzugehen verstand. Inzwischen war es halb drei und trotzdem: jede Menge Menschen.

Thursday, November 04, 2004


Pannen-Olli Posted by Hello

Black wednesday

Ein Zeichen, wie tief der Schock sitzt: Nicht einmal über Del Piero konnte ich mich heute richtig freuen.

Wednesday, November 03, 2004

Eindeutigkeit

Erfuhr gerade aus der ARD-Börsensendung, dass es gut wäre für den DAX, wenn Bush jetzt endlich offiziell zum Sieger erklärt würde.
Solch ein Satz fordert geradezu einen Moment des Innehaltens und Nachdenkens darüber, was sich so einfach dahin zu sagen scheint.
Zum einen: Wer ist denn eigentlich dieser Herr Dax? Bin ich dem schon einmal begegnet? Vielleicht auf irgendeiner Party und kann mich nur nicht mehr erinnern, weil ich zu betrunken war? Ach, was sagen Sie, der Dax ist gar keine Person, sondern lediglich eine Abkürzung? Aber halt, seit wann können bei uns Abkürzungen ihre Meinung über den künftigen amerikanischen Präsidenten äußern? Aha, Sie meinen, es handele sich ja schließlich nicht um eine gewöhnliche Abkürzung, sondern bezeichne den "Deutschen Aktienindex" und der kann schließlich sehr wohl ein gesteigertes Interesse am Ausgang der Präsidentschaftswahl haben, denn schließlich geht es dabei ja um das Schicksal der stärksten Volkswirtschaft der Welt. Hm, so ist das also. Aber sagen denn nicht alle, die etwas davon verstehen, dass Mr. Bush ökonomisch so ziemlich alles falsch macht, was you possibly falschmachen can? Oops, sorry, das kommt vom elfstündigen Non-stop-CNN-Schauen. So so, es gibt auch die Stimmen, die meinen, dass es wieder mehr Investitionen geben wird, wenn der nächste Tax-cut durch den jetzt noch republikanischeren Senat durch ist, hab ich Sie da richtig verstanden? Nun gut, leuchtet mir zwar nicht ein, aber ich kenn mich da ja nun wirklich nicht aus, nur eines interessiert mich dann doch: Wie bitte soll ich, wenn ich jemals in die Verlegenheit geraten sollte, mit einem islamischen Fundamentalisten diskutieren zu müssen, erklären, warum die USA, unser großer Bruder, geistiger Inspirator der aufgeklärten Welt, fürsorglicher Beschützer auch des alten Europa, wie diese USA also zum zweiten Mal in Folge, einen geistesgestörten Massenmörder zum Präsidenten wählen. Wie, um alles in der Welt.

Tuesday, November 02, 2004

Steely Dan

Steely Dan - Die Legende, die niemanden interessiert

Die beste Musikgruppe der Welt, aller und für alle Zeiten, darüber besteht kein Zweifel, ist Steely Dan. Die Heldenverehrung, die sich um die beiden einzigen Mitglieder Donald Fagen und Walter Becker rankt, entspringt vielen Quellen. Zum einen gehörte sicherlich immer ein - zugegebenerweise etwas lächerlich anmutendes - Elitedenken dazu, eine Gruppe zu lieben, die nur wenige Freunde kannten, geschweige denn ebenso heftig verehrten, wie man selbst. Mag sich in ihrer Musik noch etwas von dem gespiegelt haben, was jeder im Grunde mochte, aber nie hörte (Jazz, Disco, Klassik, Brasilien und der Rest der Welt, allerlei andere Absonderlichkeiten), konnte man bei den Texten ( doch sollte man hier tatsächlich von den lyrics sprechen) sicher sein, daß niemand anderer etwas von dem verstand, was ausgesagt wurde. Dabei spielte es überhaupt keine Rolle, ob man dies selbst tat; es ging um das Gefühl, zu den Erwählten zu gehören, die sich von ihnen in irgendeiner Form angesprochen fühlten. Auf unerklärliche Art und Weise glaubte man immer, als einer der wenigen den vollkommen hermetischen Kosmos der Musik zu durchdringen, man konnte sich eins fühlen mit dem Zauber des Absurden, und wußte zugleich, daß es keine perfekter produziertere und trotzdem unsterile Musik geben könnte (in einem Online - Interview vom März dieses Jahres weigerten sich Fagen und Becker beständig, irgendwelche Erklärungshilfe zu bieten: „You may be very eager and 15 and a huge fan, but you’ve gotta come up with some more exciting questions. Read it and weep.“)
Von der ersten Platte Can’t buy a thrill (1972), die bereits alles im Keim enthielt, was in den folgenden Jahren und Alben vorgeführt werden sollte, bis zur letzten, Gaucho (1980) gelang es Fagen und Becker, eine eigene Welt zu erschaffen. Es war eine besondere, eine seltsame und spannende Welt, eine Welt, in der sich niemand wirklich heimisch fühlen konnte, die aber, das fühlte man, eines jeden Heimat war. Bei der Erschaffung dieser Welt bedienten sich die beiden ungewöhnlichen Mitteln; so wirkte ihre Ironie, ihr Sarkasmus, selbst ihr Zynismus niemals destruktiv, und die Lust an der musikalischen Parodie verriet nicht die Vorbilder, sondern belebte sie wieder. Zitate gab es zuhauf, aber niemals um des bloßen Zitierens willen, sondern zur Erschaffung eines eigenständigen neuen Ganzen, eines Gedankengebäudes, das der Vielgesichtigkeit der Welt Rechnung trägt („Do you guys ever give straight answers?“ - Donald Fagen: „No one will ever make anything straight out of the crooked timber of mankind.“ - Walter Becker: „They certainly won’t.“)
Der zuweilen vorgebrachte Einwand gegen die Musik Steely Dans lautet, daß die Intellektualität der Gruppe jede Emotion oder Intensität abtöte, doch basiert dieser Vorwurf auf der sehr zweifelhaften Annahme, daß Verstand und gute Musik sich ausschließe, und außerdem hieße dies im Umkehrschluß, daß eine jede Gruppe, die „ehrliche“ Rockmusik spielt, mit solchen Dingen wie etwa Arrangement und ähnlichem nichts im Sinn hätte.
Gleichzeitig zeigt das Beispiel Steely Dan, welche Opfer sich ein Anhänger einer bestimmten Band freiwillig auf sich zu nehmen bereit sein kann. Nicht nur die beharrliche Ignoranz und das offenkundige Desinteresse aller anderen Menschen (das ja noch hinnehmbar wäre, und auch dem eigenen Geschmack unter Umständen ein besonderes Prädikat verleihen könnte), nein, veritable Schmerzen gilt es zu erdulden. So kann es keinen Fan kalt lassen, wenn die als Meilensteine der modernen Musik geschätzten sieben Alben der Lieblingsgruppe für einen Preis verramscht werden, der jedem Maßstab spottet, wenn gleichzeitig der letzte Schund für das Doppelte verkauft wird. Auch die zahlreichen Best-of-Alben (deren Zahl im übrigen die der tatsächlichen übersteigt) können über diesen Schmerz nicht hinweghelfen (auch der Umstand, daß in den letzten Jahren wenige Gruppen so häufig gesamplet wurden, wie The Dan, vermag dies nicht). Weiß man doch, daß sie keinem plötzlich erwachten Interesse an dieser Musik entspringen (und spätestens jetzt zeigt sich der seltsame Widerspruch, in dem wohl ein jeder Steely Dan - Fan gefangen ist: zum einen liebt er die Gruppe, weil er sich fast allein mit dieser Vorliebe weiß, zum anderen aber leidet er an dem Desinteresse seiner Umwelt an seinen favourites)
Im Juli dieses Jahres aber wendete sich das Blatt. Hatte sich schon mit der Mitarbeit Walter Beckers an Donalds Fagens letztem Soloalbum Kamakiriad eine eventuelle Wiedergeburt der Gruppe antizipiert, so bestätigten die Meldungen von Konzerten in den USA diese Hoffnung, die man eigentlich schon ad acta gelegt hatte. Plötzlich fühlte man so etwas wie eine überirdische Genugtuung darüber, daß nicht nur Status Quo nach 30 Jahren noch lebten, sondern daß das Gute schlechthin schließlich doch siegen würde; es gibt einen Gott, er ist gütig und tut wohl (der Autor dieser Zeilen schämt sich nicht zu gestehen, daß, als er bei einem nächtlichen Spaziergang durch Köln des Plakats mit der Ankündigung des Auftritts für den 6. September in der Sporthalle angesichtig wurde, er spontan auf die Knie fiel, und sich bekreuzigte). Doch mag es wohl einen gütigen Gott gaben, so gibt es noch lange kein Publikum, das bereit wäre ihm zu folgen, und tatsächlich verschwanden nicht nur nach kurzer Zeit die wenigen Plakate, die für das Konzert in der Sporthalle warben, auch die Ankündigung der deutschen Tourdaten in der offiziellen Steely Dan - Homepage im Internet verschwand. Es bleibt nur zu spekulieren, warum es also nicht zu diesem Auftritt kam, und wenn ich ehrlich bin, möchte ich die Wahrheit auch gar nicht wissen.

Nachtrag: Das ist ein Artikel von 1996 (habe aus Respekt vor mir selbst die alte Rechtschreibung beibehalten). Inzwischen hat die Band eine ausverkaufte Europatournee absolviert, zwei neue CDs gemacht und für die vorletzte, 2 vs. Nature, zwei Grammys gewonnen, darunter den für die beste CD des Jahres. Die letzte, im vergangenen Jahr herausgekommen, Everything must go, wird unter anderem als bisher beste und überzeugendste Abrechnung mit dem New Economy-Hype der Jahrtausendwende gefeiert.

Monday, November 01, 2004


Steely Dan Posted by Hello

Saturday, October 30, 2004

Warnung an mich selbst

Das Unglück des Junggesellen

Es scheint so arg, Junggeselle zu bleiben, als alter Mann unter schwerer Wahrung der Würde um Aufnahme zu bitten, wenn man einen Abend mit Menschen verbringen will, krank zu sein und aus dem Winkel seines Bettes wochenlang das leere Zimmer anzusehn, immer vor dem Haustor Abschied zu nehmen, niemals neben seiner Frau sich die Treppe hinaufzudrängen, in seinem Zimmer nur Seitentüren zu haben, die in fremde Wohnungen führen, sein Nachtmahl in einer Hand nach Hause zu tragen, fremde Kinder anstaunen zu müssen und nicht immerfort wiederholen zu dürfen: "Ich habe keine", sich im Aussehen und Benehmen nach ein oder zwei Junggesellen der Jugenderinnerungen auszubilden.
So wird es sein, nur daß man auch in Wirklichkeit heute und später selbst dastehen wird, mit einem Körper und einem wirklichen Kopf, also auch einer Stirn, um mit der Hand an sie zu schlagen.
(Kafka, Betrachtung)

Friday, October 29, 2004


Duisburg 2003 Posted by Hello

Thursday, October 28, 2004

Der Kommissar

Wunderbar, zu sehen, wie sich der Schleimbeutel Pöttering herauswindet und behauptet, dass er ja schon immer dafür gewesen sei, die gesamte Kommission erstmal zurückzuziehen. Hatte der nicht gestern noch erklärt, niemand dürfe wegen seiner religiösen Überzeugungen diskriminiert werden und damit für den Verbleib des Päpstlings und Schwulenhassers Buttoglione auf dem Posten des Innen- und Justizkommissars geworben?

Die Bildzeitung spricht sich für Bush aus. Mutig angesichts der Stimmungslage in Deutschland und Europa. Allerdings muss sie ja diesmal nicht nur deswegen Recht haben, weil sie ein einziges Mal nicht die populistische Karte spielt, sondern einen herausgeekelten EX-FAZ-Herausgeber seinen Ruhestand versüßen will, indem sie seine kruden Argumente millionenfach verbreitet.

Tuesday, October 26, 2004

Vögelmusik (revisited)

Musik ist etwas Wundervolles. Niemand weiß eigentlich genau, wie wundervoll. Das Wundervollste an Musik ist, dass sie immer anders ist. Ein und dasselbe Stück kann, in unterschiedlichen Momenten gehört, immer neu sein. Oh Gott, wie banal. Aber richtig.
Ich denke an Sabine. Weiß der Teufel warum, einige Tage vor jenem Abend durchfuhr mich der Gedanke an einen Artikel über Musik, die man beim Vögeln hört. Wer hört was, warum, wie lang, wozu, mit wem, unter welchen Umständen. Diesmal war es wichtig. Ich wollte auf jeden Fall das Richtige auswählen. Nach dem Restaurant waren wir bei mir. Sie war da, bei mir. Sie würde (wahrscheinlich) nicht gleich wieder gehen, wenn ich das Falsche auflegte, aber ich wollte auch kein unnötiges Risiko eingehen. Sie war im Bad. Ganz ruhig. Irgendwie dachte ich mir schon, dass sie länger brauchen würde, weiß auch nicht warum; ich hatte also Zeit und jede Menge unterschiedlichster Musik im Regal. So schwer konnte das einfach nicht sein. Ja, lächelte ich zu mir selbst, den Bolero hatte ich auch, aber in der Fassung für zwei Klaviere. Scheidet aus. Ich dachte auch, dass, wenn sie eben dieses hören wollte, ich sie vielleicht nach Hause geschickt hätte. Wer weiß. Gut, muss es überhaupt Klassik sein? Warum überhaupt hören Menschen, die Pavarotti noch vor wenigen Jahren für eine Schokoladenmarke hielten, beim Vögeln klassische Musik? Idee: der (potentiell) banale Akt wird durch den (angenommenen) Ewigkeitswert, das populäre Prestige klassischer Musik auf eine zeitlosere, erhabenere Ebene gehoben. Ja, könnte was dran sein, aber das gilt ja nicht für mich, ich höre das ja auch sonst. Aber weiß sie das? Ist das eigentlich wichtig? Delikate Güterabwägung. Was kann ich ihr zumuten. Ich würde so gern etwas von Mozart hören, mein Lieblingsklarinettenkonzert zum Beispiel. Sabine ist inzwischen in die Küche gegangen. „Sag mal, willst du auch noch einen Tee trinken?“
Okay, noch mal von vorn. Hatte ich ihr schon von „Frau zu verschenken“, meinem Lieblingsfilm, mit Gérard Depardieu erzählt, wo eben jenes Klarinettenkonzert eine zentrale Rolle spielt? Und wenn, würde sie sich überhaupt erinnern? Außerdem, wäre es nicht wichtiger und sinnvoller, ich würde langsam mal Kondome suchen? Okay, die sind in der Schreibtischschublade, also wieder zur Musik. Wenn ich sie nur ein wenig länger kennen würde, wüsste ich wahrscheinlich eher, was ihr gefällt, aber so, nach drei Tagen. Halt, hat sie nicht vorhin zwischen Dessert und Espresso von einem Konzert in der Philharmonie erzählt, das ihr so gefallen hat. Was war es doch gleich? Beethoven, irgendein Streichquartett. Na also, da hatte ich doch einiges. Kein spätes, Spaß muss sein. Doch andererseits... Wir werden schließlich gleich im Bett liegen, und das erste Mal wilden, wunderschönen Sex miteinander erleben. Ich wusste nicht, ob ich ihr am nächsten Tag noch die Marmelade beim Frühstück reichen wollte, aber die Option dazu sollte man sich schon erhalten, man weiß ja nie. Also, noch mal. Nein, Beethoven hört man, wenn man mindestens drei Monate zusammen ist, den Eltern des Anderen bereits vorgestellt wurde, und man weiß, dass man auch Sylvester zusammen verbringt. Soweit ist es einfach noch nicht. „Hast Du noch Brot da? Ich hab’ gerade Hunger bekommen, ich weiß auch nicht warum.“
Der größte Fehler wäre auf jeden Fall, ihr mit der Musik eine Liebeserklärung zu machen. Damit scheidet schon mal eine ganze Menge aus. Keine sanften Soul Hits, obwohl Roberta Flack bei meinem Karnevalsabenteuer Claudia große Wirkung erzielte (ganz unerwartet). Doch auf der anderen Seite, konnte man wirklich davon ausgehen, dass sie überhaupt darauf achtet, was Barry White so von sich gibt? Ging es nicht vielmehr um den flauschigen Instrumentalhintergrund; sollte ich es nicht fertig bringen, vermittels einiger häufig erprobter erotischer Taschenspielertricks sie vom Text der Musik ab- und zum wesentlichen hinzulenken? Also vielleicht besser gar keine Musik? Unsinn. Es geht ums Prinzip, die Herausforderung. Es kann doch nicht angehen, dass ich nichts passendes finde. Habe ich vielleicht zuviel Auswahl? Nein, ich brauchte nur eine Inspiration. In der Küche saßen die beiden schönsten Brüste diesseits des Rheins und verharrten stumm und anbetungswürdig, während der dazugehörige Mund ein Käsebrot aß und die Augen Zeitung lasen. Ich war für kurze Zeit aus dem Gleichgewicht gebracht, und zwang mich zurück zur Anlage. Nein, Klassik wird es nicht. Unweigerlich würde unser Geschlechtsakt etwas Feierliches, Abgeschlossenes bekommen. Geht einfach nicht. Sabine ist erst vierundzwanzig. Sie geht häufig tanzen und hat Freunde, die Djs sind. Wahrscheinlich ist House ihre Religion. Lass mich dein Hohepriester sein, raunte ich in Gedanken den Beinen in meiner Küche zu. Das habe ich aber jetzt gar nicht hier. Was habe ich überhaupt da an neuerer Musik? Genau, meine schöne Erdmöbel -CD. Nein. Sex dazu wäre wie, wie , wie... Fällt mir gar kein Vergleich ein, geht einfach nicht. Sie kommt ins Zimmer, das Käsebrot ist aufgegessen. „Kann ich mal kurz telefonieren?“
Am Samstag zuvor hatte ich noch mit einem Freund über den Orgasmus als Todeserfahrung gesprochen, und dass die Freude am Sex aus der kurzzeitigen Gewissheit erwächst, den Tod überleben zu können (während man aber gleichzeitig immer den Tod vor Augen hat, und man sich immer bewusst ist, dass der wirkliche Tod noch wartet. Trotzdem gibt sich ein jeder Mensch immer wieder gerne der Selbsttäuschung hin. Na ja.). Die Musik, die man vögelnderweise hört, wird so, ob gewollt oder nicht, gleichsam zum Requiem. Mit der richtig ausgewählten Musik müsste es doch zu schaffen sein, die existentielle Erfahrung des Orgasmus beträchtlich zu intensivieren, Tod hin, Tod her. „Schon möglich“, sagte mein Freund, „aber welche Musik sollte das sein?“ Das Gespräch war an einen toten Punkt gekommen, wir waren auch schon zu betrunken. Im Taxi überlegte ich, dass die Auswahl der Musik natürlich davon abhing, ob ich sie für eine oder mehrere Nächte wollte. Mit wem telefoniert Sabine eigentlich um diese Zeit? Also. Vor der endgültigen Festlegung auf die Musik muss ich mir selbst die Frage beantworten, was ich eigentlich von ihr will. Nun. Sie sieht unvergleichlich atemberaubend aus, ist klug und ich wollte sie (und mich) in jeder Nacht glücklich machen. Alles andere spielte eigentlich keine Rolle. Aha, sagte mein fieses Über-Ich, so ist das, das ist alles, wie wäre es mit irgendeiner Frank Sinatra - Schnulze? Nein, wie gesagt, ich weiß es einfach noch nicht, vielleicht wache ich morgen neben ihr auf und will sie heiraten, kann doch sein.
Denk doch mal nach, sagte es in mir. Du bist ja nun nicht gerade zum ersten Mal in dieser Situation, wie war es denn bisher? Hm. Immer anders. Ich habe mir da nie so wahnsinnig viele Gedanken drüber gemacht. Mal gab es Debussy, mal James Taylor, einmal wurde sogar Jacques Brel gewünscht, hatte ich keine Probleme mit. Sogar irgendeine Oper lief schon mal nebenbei, aber welche Auswirkungen das jetzt so konkret hatte, keine Ahnung. Egal, irgendwas stecke ich jetzt in den CD - Player. Ich habs ! „Lisboa. A soundscape portrait“ Eine ganze Stunde nur mit Straßengeräuschen aus Lissabon. Das ist genial. Das reicht von der Zeit. Ja? Oh Gott, nein, in Lissabon war sie im Sommer doch mit ihrem Ex -Freund. Ich werde gleich wahnsinnig, ganz bestimmt. „Hast Du eine Zahnbürste für mich?“
In mir gärt die Erinnerung an eine wunderbare Nacht. Katja. Ich habe sie nach Hause gefahren. Wir saßen eine dreiviertel Stunde im Auto und ich versuchte sie zu überzeugen, dass es doch total unsinnig sei, dass sie nicht mir schlafen wolle, weil ich „zu nett“ sei. Das sei doch ungerecht. Das sah sie irgendwann ein (oder auch nicht, es war ihr vielleicht einfach zu kalt im Auto). Katjas Wohnung hatte die letzten Jahrzehnte kultureller Entwicklung unbeschadet überstanden, ein museal konserviertes Jugendzimmer. Sie erzählte mir von ihrer Defloration, die ungefähr zwanzig Jahre zurücklag und welche Musik sie damals gehört hatte. „Nights in white satin“ von Moody Blues oder Pink Floyd’s „Wish you were here“, eins von beiden. Tja, das mag nicht der Gipfel der Poppmusikgeschichte gewesen sein, aber irgendwie gefiel auch mir der Gedanke, sich vermittels dieser Musik noch einmal als Vierzehnjähriger zu fühlen, nur dass es eben nicht beim Petting bliebe. Sie legte die Platte auf, und nach drei Minuten war der ganze Zauber vorbei. Sie wollte nicht mehr. Wir lagen nebeneinander und sie las mir aus ihrem Tagebuch vor. Es war wirklich zum Heulen.
Sabine lag inzwischen im Bett. „Was machst Du da eigentlich die ganze Zeit?“ „Ach, ich suche nur noch irgendwelche Musik.“ „Aha.“ „Irgendeinen besonderen Wunsch?“ „Nee.“ Die Situation geriet langsam außer Kontrolle. Ich machte eine gedankliche Notiz. Bis zur nächsten Frau wollte ich eine Kassette aufnehmen. Das Problem bestand schließlich auch darin, dass die verschiedenen Präliminarien des Verkehrs ihre eigene Beschallung forderten. Denn für das Vorspiel vor dem Vorspiel ist Barry White schon ziemlich unübertroffen. Ich sah mich um, Sabine lächelte mich an, in liebenswertem, wenn auch leicht überheblichem Einverständnis. „Weißt du übrigens, wie man die Preisschilder von den CDs gut abbekommt?“ „Nein“ „Mit einem Fön.“ „Aha.“ Nach Barry White bräuchte es etwas handfesteres. Lenny Kravitz, Prince zum Beispiel, auch gut als Blasmusik. Der abrupte Wechsel zu Mahlers Auferstehungssymphonie würde mich nicht schrecken, das Spiel könnte beginnen. Danach aber musste ein gewisser Rhythmus her, ich dachte an was aus Stevie Wonders Innervisions. Ja, das würde es tun. „Hast Du dich denn jetzt bald mal entschieden“ Mein Gott, was mache ich hier. Es durchzuckte mich der schöne Satz vom Künstleragenten Machetu in Anouilhs „Der Herr Ornifle“: „Mit einer schönen Frau ist es wie mit einer guten Suppe, man darf sie nicht kalt werden lassen.“ Genau das tat ich aber gerade. „Soll ich dir vielleicht helfen?“ Sie stieg aus dem Bett, hockte sich neben mich, gab mir einen Kuss aufs Ohr und zog eine Kassette mit Stevie Wonders Innervisions aus dem Stapel, den ich bereits auf dem Boden gebildet hatte. Wir sahen uns an und ich merkte innerhalb von zwei Sekunden, dass es mir nichts ausmachen würde, am nächsten Tag ganz früh aufzustehen, um Brötchen zu holen. Ich wollte schnellstens ihre Eltern kennen lernen, und die nächsten fünfzig Sylvester mit ihr verbringen. Wir hörten Stevie Wonder. Nach einigen Minuten gab es Bandsalat im Tape Deck, was aber nicht wirklich schlimm war.

Sunday, October 24, 2004

Träume

Ungeklärtes Rätsel (eines von vielen, aber sicher nicht das unwichtigste): Gibt es eine Möglichkeit, Einfluss zu nehmen auf den Inhalt der eigenen Träume? Gibt es Menschen, die das können? Jedenfalls wüsste ich momentan, was ich, wenn ich in vier Minuten im Bett liegen werde und in acht Minuten eingeschlafen sein werde, träumen will: nichts Bestimmtes, einfach mal nur etwas komplett anderes, als das, was man sonst so träumt. Vielleicht auch mal ein Traum, der einem keine Rätsel aufgibt am nächsten Morgen, sondern der einem einfach einen schönen Start in den Tag beschert. Das wäre doch mal was.

Nachtrag zum Essen: Die Torta di Pere e Mandorle ist etwas weich geraten, nächstes Mal sollte man es vielleicht mit mehr Eiweiß versuchen.

voll

Das war ein schönes Essen. Viel von allem. Und das Kalb war zart. Und der Wein war noch besser. Müdigkeit. Man könnte aber auch noch tanzen gehen.

Saturday, October 23, 2004


Edson Arantes do Nascimento *23.10.1940 Posted by Hello

Friday, October 22, 2004


Kalb Posted by Hello

Liebestheorie (I)

“THE stage is more beholding to love, than the life of man. For as to the stage, love is ever matter of comedies, and now and then of tragedies; but in life it doth much mischief; sometimes like a siren, sometimes like a fury. You may observe, that amongst all the great and worthy persons (whereof the memory remaineth, either ancient or recent) there is not one, that hath been transported to the mad degree of love: which shows that great spirits, and great business, do keep out this weak passion.” Francis Bacon, Essays, 1597

Ob das im Umkehrschluss bedeutet, dass auch jemand, der der Liebe nicht willentlich abgeschworen hat, sondern ihrer einfach nicht fähig ist, das Zeug zum „great spirit“ hat? I doubt it.

Telefonische Diskussion um A.s Geburtstagsessen morgen Abend. Konsens erreicht: Geschmorter Kalbsbraten auf toskanische Art. Mir obliegt der Einkauf und das Marinieren.

Wednesday, October 20, 2004


2 Tore in Anderlecht Posted by Hello

Le jeune Arthur Posted by Hello

Rimbaud *20. 10. 1854

Chanson de la plus haute tour

Oisive jeunesse
A tout asservie,
Par délicatesse
J'ai perdu ma vie.
Ah ! Que le temps vienne
Où les coeurs s'éprennent.

Je me suis dit : laisse,
Et qu'on ne te voie :
Et sans la promesse
De plus hautes joies.
Que rien ne t'arrête,
Auguste retraite.

J'ai tant fait patience
Qu'à jamais j'oublie ;
Craintes et souffrances
Aux cieux sont parties.
Et la soif malsaine
Obscurcit mes veines.

Ainsi la prairie
A l'oubli livrée,
Grandie, et fleurie
D'encens et d'ivraies
Au bourdon farouche
De cent sales mouches.

Ah ! Mille veuvages
De la si pauvre âme
Qui n'a que l'image
De la Notre-Dame !
Est-ce que l'on prie
La Vierge Marie ?

Oisive jeunesse
A tout asservie,
Par délicatesse
J'ai perdu ma vie.
Ah ! Que le temps vienne
Où les coeurs s'éprennent !

Tuesday, October 19, 2004

Torino

Seit heute gibt es einen Grund mehr, Pavel Nedved zu lieben.

Monday, October 18, 2004


Frenzy Posted by Hello

Nympholepsy ...

"an ecstasy or frenzy of emotion inspired by something or someone unattainable." Sehr schöner Begriff. Hab mich gefragt, wie „frenzy“ hier am besten übersetzt werden müsste. Schwierig. Das Wort „Verzückung“ ist ja nicht nur aus der Mode gekommen, sondern hat, wenn überhaupt noch gebraucht, doch etwas sehr alt-damenhaft Pudeliges an sich; außer in Besprechungen von Roland Kaiser- und Flippers-Konzerten kann man sich das Adjektiv nicht mehr so recht vorstellen. „Ekstase“ wäre dann das Pendant beim Dome oder anderen Kuscheltier-Entsorgungs-Veranstaltungen junger Mädchen, aber eben auch nicht recht vorstellbar als Begriff, der für einen Zustand gebraucht wird, von dem Edward Bulwer-Lytton mal sagte: "The most common disease of genius -the saddening for a spirit that the world knows not." Was denn nun, frenzy oder saddening? Das hört sich ja nun wieder nach etwas zutiefst Traurigem an. „Schockzustand“ wäre vielleicht neutraler, der kann ja verschiedene Ausprägungen haben, hat allerdings den Nachteil, dass er unwillkürlich einen Autounfall evoziert, der dem Schock voranging. „Raserei“ besitzt heute, wenn nicht gerade von Auto-Testfahrern die Rede ist, die Konnotation eines Amoklaufs, also auch nicht recht zu gebrauchen. Auch „Wahnsinn“ triffts nicht so recht, denn entweder meint er einen länger anhaltenden, klinisch relevanten unzureichenden Gesundheitszustand des Geistes oder aber — und das ist hier entscheidender — entbehrt seit dem November `89 gleich jedweder Bedeutung, seit ein jeder mit dieser Vokabel nur so um sich schmiss (eine der schönsten Kabarett-Erinnerungen: Dieter Hildebrandt und Gerhard Polt (?) unterhalten sich über die gerade stattgefunden habende Wiedervereinigung und tauschen nach wenigen Minuten nur noch das gebrüllte Wort „Wahnsinn“ aus“).
Schwierig also, und es dürfte kein Zufall sein, dass der Hitchcock-Film „Frenzy“ von 1971 wohl zu den ersten gehörte, der auch in Deutschland seinen Originaltitel behielt.

Da wir schon bei Filmen sind: http://www.artofjamesbond.com/ : großartige Seite mit sehr vielen Abbildungen von Bond-Filmplakaten aus aller Welt.


Sunday, October 17, 2004


Tanz Posted by Hello

Wochenendende

Die Hauptstadt der indonesischen Insel Flores heißt Ende, obwohl es, wenn man von Westen auf dem langgestreckten Archipel reist, es noch eine ganze Ecke ist, bis man wieder das Meer erreicht.
Die erste Hälfte des Wochenendexperiments ist abgeschlosssen. Erste Hälfte deshalb, weil es, wie ich bemerkt habe, nicht ausreicht, zu schauen, wie ein für mich normales Wochenende aussieht, also eines, vor dem und nach dem ich keiner geregelten Arbeit nachgehe. Brauche also zum Vergleich noch ein genau solches.
Menschen, die so etwas kennen, zu fragen, hat wahrscheinlich keinen Sinn, denn ihnen wird in der Regel der Vergleich zu meinen Wochenenden fehlen.
Freitägliche Party bei Z. war schön und lang, Essen zu viel, Wohnung eindrucksvoll.

Bremen verliert gegen Mainz, zwei reguläre Tore nicht gegeben; egal, das kümmert uns nicht, wenn wir am Ende der Saison wieder die Meisterschale in Händen halten.
Samstagabend mit Sabine zwei James Bond-Filme hintereinander gesehen, darunter der beste überhaupt, Diamonds are forever mit den beiden schwulen Killern, Mr. Kidd und Mr. Wint, von denen jemand zurecht schrieb: Two of the most inspired Bond characters. If only they hadn’t been killed at the end, they would have made superb returning characters.
Der Ur-Hai-Film, der momentan auf RTL läuft, dagegen ist ... ganz anders. Gottseidank ist Ralph Moeller aber ja ein so begnadeter, oscarverdächtig ausdrucksstarker, wandlungsfähiger und überzeugender Charakterdarsteller, denn sonst wäre es wirklich der allerletzte Dreck.

Friday, October 15, 2004

Beginn

Irgendwo muss man ja anfangen, warum also nicht gleich jetzt.
Kein besonderer Tag, aber immerhin Freitag. Nicht, dass das einen Unterschied machen würde für jemanden, dessen Arbeit nicht an Wochentage gebunden ist. Was also ist dran am Wochenende? Vielleicht das Wissen, dass die meisten anderen so etwas haben wie ein weekend, Vorfreude, Samstagvormittagseinkauf- Bundesliga schauen-Rausfahren-Party und/oder-Nichtstun-Stimmung. Also vielleicht hatte es wirklich einen guten Grund, warum Pippi Langstrumpf in die Schule gehen wollte, um endlich zu erfahren, was Sommerferien sind, obwohl Tommy und Annika dafür absolut kein Verständnis hatten.
Ich werde das dieses Wochenende überprüfen.